– Ein Spiel sie zu knechten, für ewig
zu binden –
Spielen
wird in der heutigen Zeit oftmals vorgeworfen, dass sie zu leicht – zu
weichgespült seien. Das ist, so traurig diese Erkenntnis auch sein mag, wohl
war. Wann wurdet ihr zum letzten Mal von einem Game so richtig herausgefordert?
Wann kamt ihr das letzte Mal an eine Stelle, an der ihr euch über Tage die
Zähne ausgebissen habt? In Zeiten von Rückspulfunktionen bei Rennspielen ist
dies wohl schon eine Weile her. Doch nun schickt sich ein Spiel an, den anderen
zu zeigen, dass schwer nicht gleich schlecht sein muss. Macht die Verzweiflung,
die Wut, der Hass am Ende sogar Spaß? „Dark Souls“ – ein Spiel sie zu knechten,
für ewig zu binden oder doch einfach nur ein Spiel zum Hassen?
Bildquelle: http://de-namco-bandai.gamesplanet.com/shop/dark-souls |
Normalerweise
spielt man ein Spiel erst komplett durch, bevor man den Test dazu schreibt. Das
gebietet die Fairness gegenüber dem Spiel und den Entwicklern, doch bei „Dark
Souls“ ist das anders. Ich habe jetzt gut 20 Stunden hinter mir und damit etwa
ein Viertel des ganzen Spiels gesehen. Gerne würde ich mehr entdecken, mehr
erleben, aber ich komme nicht weiter. Ich hänge fest an einem der zahllosen
Endgegner des Spiels. Dieser Endgegner, das ist eine gigantische Spinne mit
Frauenkörper, die, wenn man ihr zu nah kommt, mit Lava um sich sprüht. Das ist
für einen Nahkämpfer – wie ich eben einer bin – leider nicht sonderlich gut.
Ich müsste also zurück und mich besser auf den Kampf vorbereiten, indem ich
meinen Charakter weiterentwickle. Diese Weiterentwicklung läuft in „Dark Souls“
über Seelen, die alle Gegner fallen lassen. An den Leuchtfeuern, die
gleichermaßen als Checkpoints dienen, kann man diese dann in die einzelnen
Charakterwerte wie Stärke, Ausdauer oder Leben investieren. Das ganze ist also
sehr klassisch gehalten, sorgt aber auch für eine starke Individualisierung des
eigenen Charakters. Denn wer lieber mit riesigen Keulen auf Gegner einhaut, der
steckt seine Seelen lieber in die Stärke. Zauberer hingegen können diese
getrost vergessen und stattdessen etwa den Glauben aufbessern.
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Doch
leider wird Stärke allein meinem Charakter nicht viel nützen, da ich auch eine
viel zu schwache Waffe habe. Ich muss also eine Neue finden, damit ich meine Muskelkraft
auch nutzen kann. Dazu gibt es in „Dark Souls“ vier Möglichkeiten. Nummer eins
ist das simple Kaufen eines neuen Prügeleisens. Dazu müsste ich aber wieder
viele Seelen investieren, die ich ja gerade in meinen Charakter gesteckt habe.
Außerdem verkaufen die Händler mitunter Gegenstände, die auf dem ersten Blick zwar
toll, auf Dauer aber nicht zu gebrauchen sind. So leistete ich mir zum Beispiel
eine unfassbar starke und auffällig billige Diamantwaffe. Diese leistete auch
ihren erwünschten Dienst, doch als ich sie dann reparieren wollte, da kam das
böse Erwachen: das geht nicht! An dieser Stelle folgt ein sachdienlicher
Hinweis für alle Dark Souls-Spieler und auch für solche die es werden wollen:
Diamantwaffen lassen sich nicht reparieren! Kauft euch lieber eine andere Waffe
oder beschafft sie euch am besten auf einen anderen Weg. Zum Beispiel indem ihr
einfach eine findet. Zwar lassen normale Gegner selten bis so gut wie nie eine
gute Waffe fallen, doch liegen oft am Wegesrand versteckte Schätze. Wer nicht
einfach stur von A nach B rennt, sondern sich etwas in der Gegend umsieht, der
findet oft nützliche Dinge wie Brandbomben, Heilkräuter, Waffen oder noch
besser: Schmiedezeugs. Ja, schmieden könnt ihr auch. Das wäre auch die dritte
Variante, um an etwas zum Zuschlagen zu kommen. Beim Schmied könnt ihr aber
auch gleich eure Ausrüstung aufwerten oder reparieren lassen (bis auf Diamantgedöns…).
Leider sind diese Schmiede relativ selten. Eigentlich habe ich in meinen 20
Stunden Spielzeit sogar erst einen gesehen. Und den ganzen Weg dahin zurück
rennen für eine Waffe? Nö… Das muss doch besser gehen. Geht es auch! Geht
einfach zum nächstbesten Endgegner, der einen langen Schwanz hat, und hackt ihm
diesen ab. Das macht die oft unfassbar großen Viecher nicht nur eine ganze Ecke
einfacher, nein, es bringt euch auch eine einmalige Waffe. Das Ganze ist aber
leichter gesagt als getan…
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Wem
das zu schwer ist, oder wer gerade keinen Endboss zur Hand hat, der kann ja
doch zum Schmied gehen und dabei ein paar der unzähligen Abkürzungen der Welt
von „Dark Souls“ nutzen. Denn überall gibt es versteckte Leitern, nahezu
unsichtbar Aufzüge oder einschlagbare Wände. Diese Abkürzungen sind nicht nur
deutlich zahlreicher, sondern auch noch eine ganze Ecke kreativer versteckt als
im Ikea. Dabei fällt einem auch auf, wie unfassbar gut diese, im übrigen offen begehbare, Welt durchdacht
ist. Watscht man in der einen Sekunde noch durch einen vergifteten Sumpf
inmitten einer riesigen Höhle, so steht man im nächsten Moment schon direkt vor
einem überdimensional großen Raaben, der gerade auf einer alten Ruine rastet.
Jeder Level in „Dark Souls“ sieht anders aus, hört sich anders an und vor
allem: fühlt sich anders an. Eine derartig abwechslungsreiche Welt bietet nicht
einmal das großartige „Red Dead Redemption“. Diese Abwechslung bringt auch
einen großen Teil der Motivation, denn eigentlich will man immer wissen, wie
die Welt hinter dem Endgegner aussieht.
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Leider
ist diese tolle Welt in ein eher altbackenes Technikgerüst gesteckt wurden.
Verwaschene Texturen, unschöne Animationen und regelmäßige Einbrüche der Bildrate
stören das Gesamtbild ein wenig, lassen den Spielspaß aber unangetastet. Denn
Dark Souls ist kein Spiel, das sich durch Technik definiert. Übrigens auch
nicht durch Story, denn die findet nahezu nicht statt. Die große Stärke ist das
Gameplay – die ständige Herausforderung. Nie mehr werdet ihr nach diesem Spiel
einen Schild ablegen wollen. Nie mehr werdet ihr euch darüber aufregen, dass
ihr gerade zum zweiten Mal an einer Stelle gestorben seid. Dieses Spiel wird
euch verändern. Es wird euch lehren, was die wahre Herausforderung ist. Wenn
selbst ein unscheinbarer, kleiner Käfer euch plötzlich mit Feuer bespuckt und
ihr sofort(!) tot seid, dann wisst ihr, was schwer ist. Wenn ihr im Nahkampf im
falschen Moment zuschlagen wollt und der Gegner euch deshalb mit einem Schlag
euer gesamtes Leben abzieht, dann wisst ihr, was schwer ist. „Dark Souls“ nimmt
keine Rücksicht, es erklärt nichts, es hilft nicht. Jeder noch so kleine
Fortschritt muss erarbeitet werden, jeder Schritt muss überlegt sein. Und
gerade hier steckt der wohl größte Reiz dieses Epos. Noch nie gab es wohl ein
Spiel, in dem man sich so sehr über selbst das kleinste Erfolgserlebnis
derartig freut. Dem Spieler wird hier nichts geschenkt. Deshalb auch mein Tipp:
Spielt es ohne Komplettlösung. Diese ist zwar mitunter äußerst hilfreich, macht
aber die größte Motivation zunichte. Erinnert ihr auch noch an früher, als man
sich noch selbst Karten zeichnete und Notizen machen musste, um ein Spiel
beenden zu können? „Dark Souls“ setzt den Spieler in eben diese Zeit zurück –
und das ist nicht nur nostalgisch, sondern auch wunderbar anders.
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Doch
für alle ist das Rollenspiel dennoch nichts. Wer schwache Nerven hat und gerne
einmal das Gamepad in die Ecke wirft, der sollte es lieber nicht spielen. Und
wer kein Gamepad hat auch nicht, denn die Steuerung mit Maus und Tastatur ist
ein schlechter Witz und grenzt schon an Unspielbarkeit. Wer aber beides hat,
also einen Controller und ein gutes Nervenkostüm, der wird mit „Dark Souls“ das
vielleicht beste Rollenspiel dieser Konsolengeneration erleben. Selbst das
großartige „The Elder Scrolls V: Skyrim“ sieht gegen dieses Spiel richtig alt
aus. Selten hat ein Game über eine so lange Zeit die Motivation und den Spaß so
hoch halten können, wie dieses. Wer „Dark Souls“ nicht spielt, der verpasst ein
Meisterwerk. Und das wollt ihr doch nicht, oder?
Update
Jetzt,
wo ich das Spiel beendet habe, ist es wohl an der Zeit, diesem Text ein kleines
Update zu verpassen, denn was in den vielen Stunden in Dark Souls geschehen
ist, nachdem ich den obigen Text beendet habe, hat meinen Eindruck von diesem
Spiel noch einmal verändert.
Denn
was ich bis dahin erlebt hatte, das war nichts. Nicht einmal ein Vorgeschmack
auf das, was ich in den kommenden 40 Spielstunden erleben sollte. Schon bald
tat sich mir eine völlig offene, wunderschöne und jederzeit tödliche Welt auf,
die mich völlig in ihren Bann zog. Ein Artdesign, welches seines Gleichen sucht
bestückt diese herrlich morbide Spielwelt ebenso wie das Gefühl, nicht der
Nabel der Welt und nicht der eine wichtige Held zu sein. Man ist einer von Vielen,
die man auf seinen Reisen trifft, und hat Aufgaben zu erledigen, die andere
Ritter und Zauberer wohl für nichtig halten würden. Dennoch erledigt man seine
Aufgaben, tötet unzählige brechend schwere und toll gemachte Endgegner und
erlebt eines der besten Spielerlebnisse dieser Generation. Dark Souls benötigt
unfassbar viel Einarbeitungszeit, völlige Hingabe und totale Leidenschaft. Wer
dieses Spiel spielt, spielt es aus vollem Herzen und mit maximaler Leidenschaft.
Wer dazu nicht fähig ist, der wird dem Rollenspiel nichts abgewinnen können. Wer
aber bereit ist mindesten 60 Stunden seines Lebens in ein Spiel zu investieren,
das einen Tag und Nacht nicht loslässt, der wird einfach nur beeindruckt sein.
Sicher ist Dark Souls alles andere als perfekt – gerade auf dem PC. Technische
Mängel, eine grausige PC-Steuerung und der ein oder andere kleinere Bug trüben
das Gesamtbild aber keineswegs. Und dieses Gesamtbild, das ist ein Großartiges.
Für mich persönlich ist Dark Souls DAS Rollenspiel dieser Generation, denn es
bringt all das mit, was ein solches Spiel benötigt. Es bietet eine wundervolle
und tiefgründige Welt, es belohnt jeden Sieg mit dem Gefühl, etwas Großes
erreicht zu haben, es hat ein sich toll anfühlendes Kampfsystem, es bietet eine
stets faire aber auch wirklich harte Herausforderung und vor allem macht es
einfach Spaß. Wer also Rollenspiele mag, wer eine Herausforderung sucht und wer
richtig in eine Spielwelt abtauchen will, der findet in Dark Souls das perfekte
Spiel. Wer aber auf schnellen und unkomplizierten Spaß aus ist, der umgeht
dieses Epos lieber.
Gut geschrieben, du hast auch wirklich den Kern des Spiels erfasst und das ist ein besonders harter Kern xD
AntwortenLöschenWichtig ist dabei, dass Dark Souls von der Spielmechanik her nie unfair ist, es verzeiht nur keine Fehler.
Allerdings muss ich sagen, dass du bei Quelagg noch sehr weit am Anfang bist. Erst im übernächsten Gebiet (vorausgesetzt man geht danach direkt über Sen's Fortress nach Anor Londo) geht es so richtig los.
Was mir in dem Text auch noch gefehlt hat (vielleicht hab ichs auch überlesen), ist die Erwähnung, dass die Spielwelt durchaus als Open World durchgeht. Natürlich gibt es Bereiche, die erst freigeschaltet werden müssen, aber ansonsten kann man sich von Anfang an frei bewegen und hat auch abgesehen vom Teleportieren keine wirklichen Ladezeiten. Übrigens sind die Framerate-Einbrüche nirgends so schlimm wie in Blighttown/Schandstadt, was aber an der Größe des Areals und den unzähligen Lichtquellen liegt.
So, ich könnte sicher noch mehr schreiben, aber dann hätte ich auch gleich selbst nen Test schreiben können xD
Vielen Dank erst mal für deinen ausgiebigen Kommentar - ich freue mich immer über Feedback.
LöschenDas Dark Souls nie unfair ist macht ja eben den Reiz des Spiels aus. Und wäre es das gewesen, dann würde dieser Test ganz anders klingen.. Sicherlich irgendwie aggressiver und bei Weitem nicht so positiv.
Dass ich noch am Anfang meines Abenteuers stehe, ist mir klar und so wie ich das Spiel bis jetzt erlebt habe, wird da sicher noch einiges kommen. Leider ist das Ganze aber sehr zeitaufwendig, weshalb ich kaum vorankomme. Liegt auch daran, dass ich nebenbei noch Fifa 13 und The Walking Dead spiele.
Das mit der offenen Spielwelt habe ich tatsächlich nicht im Text untergebracht. Das liegt aber vor allem daran, dass, auch wenn man sich überall hin frei bewegen kann, zumindest bis da wo ich jetzt bin, meist nur ein Weg zum Ziel führte. Da ich ja noch nicht weiter bin, kann ich nicht sagen, ob sich das später ändert. Ich kann auch schwer einschätzen, ob ich schon jetzt andere Wege hätte gehen können. Ich lauf eben immer da lang, wo ich denke, dass es lang geht, und komme auch immer irgendwo raus. Dennoch hast du natürlich recht damit, dass ich das ergänzen sollte. Werde ich gleich mal in Angriff nehmen.
Ich habe es vor kurzem auch begonnen und mittlerweile knapp 50 Stunden in Dark Souls verbracht.
AntwortenLöschenDu fragst, wann ein Spiel zuletzt so bretthart war, so unnachgiebig? Nun, für mich waren das Ninja Gaiden 1+2.
Wobei DS schwerer ist, weil es einem überhaupt nichts erklärt und man sich jeden Millimeter erarbeiten muss.
Wer in der großen Leere verflucht wurde und fortan mit halber Lebensenergie unterwegs ist, der muss durch 2-3 Gebiete zurück und einen Läuterungsstein besorgen.
Wird man auf dem Weg wieder verflucht, halbiert sich die Lebensleiste noch einmal...krank.
Derzeit hänge ich in Sens Festung, auf dem Weg zum Eisengolem. Ich scheitere heute den ganzen Tag, an den schwingenden Beilen, die letzten vor dem Dach. Das letzte erwischt mich immer und ich finde mich am Feuer wieder und muss den kompletten Level wiederholen. Ärgerlich, aber ich tue es trotzdem, wieder und wieder.
Ein tolles Spiel!! Schwerer als die beiden Ninja Gaidens, aber (fast) nie unfair (von Kugeln die einen erschlagen und Gegner die durch Wände schlagen). Meistens weiß man, warum man gestorben ist.
Die von Dir erwähnte Spinnenfrau (Hexe Queelag), da hab ich auch Spaß gehabt. Vor allem wenn sie nur noch einen halben Millimeter Energie hat und man dann gierig wird und den letzten Treffer noch unbedingt landen muss. Und dabei hat sie mich erwischt.. Ich hab mich oft geärgert, aber noch nie das Pad geworfen. Bei Ninja Gaiden 2 habe ich ein Pad verloren, da gab es einige unfaire Stellen. Trotzdem sind die NG Spiele aus ähnlichem Holz geschnitzt und Bayonetta auch (wenn das auch nicht so schwer wie die genannten ist).
Spiel war also nicht schuld, nur die eigene Ungeduld. Ein tolles Game, vielleicht eines der besten dieser Gen!! Man fühlt sich wie ein Mann, nach jeder geschafften Etappe.
Wem das nicht genug ist, der spielt DS danach nochmal durch. Man behält die Ausrüstung und die Gegner werden bei jedem Durchgang zwischen 1.5-2.5 mal stärker. Das Ganze geht sieben Mal.