Dienstag, 21. Mai 2013

SimCity - Review


                – Ein Review, kein Shitstorm –



Jeder verdient eine zweite Chance! Auch SimCity, der viel gescholtene neueste Teil einer Serie an Städtebau-Simulationen, die viele Fans um sich scharte. Wütende Fans, denn mit einem Always-On-DRM, einem Cloud-Save-System und vor allem mit instabilen Servern haben Maxis und Electronic Arts dem neuen SimCity keinen guten Start beschert. Aus den schlimmsten Zeiten ist das Spiel jetzt aber raus, die Entwickler hatten genug Zeit zum Patchen und die Feuerwehr genug Zeit, die Server und die Verbraucherzentrale von EA zu löschen. Und genau deshalb schauen wir erst jetzt mit einem prüfenden Blick auf Maxis‘ neueste Kreation – ist sie am Ende vielleicht sogar richtig gut?

Es hat sich viel getan im SimCity-Universum, seitdem der letzte Teil, also SimCity 4 vor zehn Jahren erschien. Damals, da baute man noch riesige Städte und stopfte sie mit allem voll, was man eben zum Vollstopfen einer Stadt hatte. Heute, da läuft es in SimCity wie bei der Evolution. Die Städte suchen sich Nischen, in denen sich es besonders gut leben lässt, und spezialisieren sich darauf. Wo früher noch Cambridge mitten in Paris lag und das ganze Las Vegas hieß, da gibt es heute eben nur noch Las Vegas oder Cambridge oder Paris. Das gefällt mit Sicherheit nicht jedem, hat aber auch einige Vorteile. Der Städtebau geht durch die Spezialisierungen viel mehr in die Tiefe. Anstatt einer stetigen Expansion ist nun Detailarbeit gefragt. Jetzt ist es in einer Tourismus-Stadt eben auf einmal wichtig, auf welcher Seite der Straße die Bushaltestellen sind. Für die Bildungs- und Elektrofreunde kommt es darauf an, irgendwie diese Bildung zu finanzieren, die Schulen in die richtigen Ecken der Stadt zu stellen und die Schüler auch pünktlich zur Schule zu bringen. In Las Vegas wird dafür viel Polizei benötigt, wobei man sich schon fragen sollte, ob es jetzt ein Polizeihubschrauber tut, oder ob es doch lieber zwei sein sollten. Viel Detailarbeit, die durchaus eine Menge Spaß macht und den Spieler dazu bringt, sich intensiver mit seiner Stadt auseinanderzusetzen. Schnell ist einem die Stadt ans Herz gewachsen, weshalb man immer und immer wieder verzweifelt versucht, ihr zu großem Glanz zu verhelfen. Das gelingt aber eigentlich nie, denn irgendwann passiert immer irgendetwas, was die Stadt in den Ruin treibt. Und irgendwann ist sowieso das Wasser alle und dann will auch keiner mehr in Las Vegas wohnen oder zocken.

Eine Industriestadt - Nicht gerade förderlich für die Gesundheit der Sims.
Untermalt wird dieses im Übrigen oftmals sehr ruhige und gemächliche Gameplay von einem ruhigen und äußerst gemächlichen Soundtrack, der zu keiner Sekunde aufdringlich oder gar aufregend wird. Gefallen wird er sicher nicht jeden, aber er passt allemal perfekt zum Spiel. Auf Dauer, gerade in Spielsessions zu späterer Stunde, wirkt er aber allzu schnell auch einschläfernd. Eine ganze Ecke besser und sicher auch nicht einschläfernd sind die großartigen Soundeffekte. Zum einen gibt es da die Geräusche der Stadt, in der man anfangs noch hören kann, wie einzelne Häuser gebaut werden. Später dröhnen am laufenden Band die Sirenen und überall hupt es. So wie es eben klingt, in einer Stadt, in der sich auf jeden Quadratmeter gefühlte 1.000 Menschen drängeln. Es gibt aber nicht nur den Sound der Stadt, sondern auch die herrliche Tonuntermalung der Statistikkarten, die einem im laufenden Spiel auf der Karte zeigen, wo es zum Beispiel gerade keinen Strom gibt.

Schöne bunte Balken, aus denen man sich leider nicht viel nehmen kann.
Öffnet man beispielsweise die Gesundheitskarte, dann hört man die kranken Menschen plötzlich husten. Oder die Stromkarte, auf der man hören kann, wie in jedem Haus das Licht angeknipst wird. Tatsächlich sind dies aber nicht nur einfache Soundeffekte, sondern sie helfen auch ein wenig die Übersicht zu behalten und sind deshalb doppelt und dreifach gelungen. Gelungen ist auch irgendwann die erste Stadt, und wenn das der Fall ist, dann tut ein Bürgermeister das, was ein Bürgermeister eben tun muss – er verschafft sich Arbeit. Wie passend, dass man per Knopfdruck die halbe Stadt auseinandernehmen kann. Natürlich sind damit die Katastrophen gemeint, die in wirklich keinem SimCity fehlen dürfen. So kann es schon einmal passieren, dass da plötzlich eine Feuer speiende Riesenechse durch die Stadt wandert und ein Haus nach dem anderen plättet. Vorteil des großen Haustieres: Es frisst wenigstens den Müll auf der Halde auf und erleichtert damit den Müllmännern die Arbeit. Weniger hilfreich ist da schon die Zombieinvasion, bei der jedes Mal die halbe Stadt angesteckt wird. Dann laufen alle mit grün leuchtenden Köpfen durch die Gegend, mit dem Ziel ein paar frische Gehirne zu essen. Klingt lustig, ist es aber eigentlich nicht, denn danach hat man eine ganze Weile zu tun, bis die Bevölkerung wieder wächst. Die anderen Katastrophen will ich hier übrigens nicht verraten, denn der Moment, in dem man zum ersten Mal von einer bisher unbekannten Katastrophe getroffen wird, der ist schon ein ganz besonderer.

Omnomomomom!
Das liegt nicht zuletzt auch an der unverschämt hübschen Grafik, die nicht nur eine brennende, von Zombies befallene Stadt wirklich toll darstellen kann. Auch wenn nicht gerade die Apokalypse vor der Tür steht, sieht SimCity wirklich großartig aus. Lichteffekte, Texturen und alles, was da eben dazugehört ist, erste Sahne. Optisch gibt SimCity einem kein Anlass zum Meckern, und wenn doch, dann taucht man eben die Stadt meinen einem anderen Grafikfilter einfach in einen anderen Farbton. Zu dem tollen Technikgerüst kommen dann übrigens auch noch zahllose Details, die die Städte erst richtig lebendig und SimCity damit richtig hübsch machen. Die kranken Sims zum Beispiel, die im hohen Bogen auf die Straße kotzen. Ok, das ist nicht schön, aber immerhin witzig. Gleiches gilt für die Sims, die aus brennenden Häusern rennen, um sich im Garten zu wälzen, in der Hoffnung, dass sie gleich nicht mehr in Flammen stehen. Oder die Kinder, die auf dem Fußballplatz eben tatsächlich Fußball spielen. Selbst die Werbeschilder der Geschäfte haben oft witzige Aufschriften, die sogar ins Deutsche übersetzt worden. Hier hat SimCity seine größte Stärke und zeigt, wie viel Potenzial es hat. Ausgeschöpft wird dieses leider fast nie, denn es gibt eben nicht nur diese gute Seite des Spiels, die ich euch da gerade gezeigt habe. SimCity hat auch eine Fratze des Bösen. Oder so ähnlich. Auf jeden Fall ist nicht alles Gold, was glänzt.

Und plötzlich haben sich alle über den Müll im Garten beschwert...
Das fängt schon bei den Grundlagen an. Da gibt es im Spiel ein Menü für Ranglisten, in denen man sich mit den anderen Spielern vergleichen können soll. Geht aber nicht, weil die Ranglisten entweder leer sind oder nur totalen Schwachsinn anzeigen. Ich zumindest halte es für wenig glaubwürdig, dass die größte Stadt nur 371 Einwohner hat. Auch nicht so recht klappen will die Interaktion zwischen den Städten einer Region. Region? Ja, jede Stadt befindet sich in einer großen Region, in der es bis zu 16 Städte gibt. Diese sollen dann miteinander interagieren, sich gegenseitig Güter verkaufen, Arbeiter schicken und Versorgung gewährleisten. Das klingt toll, geht in der Praxis aber nahezu kaum. Da kann es schon mal sein, dass man seinem Nachbarn etwas Geld überweisen will, das aber erst nach ein paar Tagen (in Echtzeit) ankommt. Oder in der Regionsansicht wird einem gesagt, dass man insgesamt 5.000 Liter Wasser von den Nachbarn kaufen kann. Wenn ich dies dann aber auch kaufen will, steht plötzlich da, dass kein Wasser zur Verfügung steht. Im Übrigen wurde mir bis heute nicht einmal Geld abgezogen, wenn ich von den Nachbarn Strom oder Wasser bezog. Eigentlich sollte das ja was kosten. Eigentlich. Eigentlich ist diese ganze Interaktionsgeschichte auch richtig cool. Nur da sie kaum funktioniert behindert sie den Spielfluss und sorgt mitunter für böse Überraschungen, wenn zum Beispiel wie aus dem Nichts plötzlich das Abwasser die Straßen überflutet. Viel getan hat sich hier seit dem katastrophalen Release übrigens sehr wenig.

Darf ich vorstellen? Aue.
Vielleicht sogar noch übler fallen die viel zu kleinen Städte auf, die so winzig sind, dass man sie eigentlich nicht Städte nennen darf. SimVillage klingt aber als Name blöd und hat auch keine so gute Reputation als Serie wie eben SimCity und deshalb heißen diese kleinen Gebäudeansammlungen eben Städte. Eigentlich kein Problem, denn immerhin spezialisiert man sich jetzt ja und achtet eh viel mehr auf die kleinen Details. Wäre da nur nicht die Tatsache, dass bei so winzigen Städten sehr schnell eben auch die kleinen Details kein Problem mehr sind. In meinen jetzt knapp 80 Stunden Spielzeit habe ich mindestens vier Städte beendet. Zahlreiche andere Städte sind dazwischen untergegangen, weil irgendein Idiot da Atomkraftwerke in die Luft jagt. Kann ja keiner damit rechnen, dass die auch wirklich die ganze Stadt verseuchen… Tut aber jetzt nichts zur Sache, denn die Entscheidung für so kleine Städte ist einfach nicht nachvollziehbar, gerade weil sie bereits während der geschlossenen Beta-Phase von den Spielern massenweise bemängelt wurde. Maxis, die Entwickler der Städtebausimulation, haben aber Besseres zu tun, als die Städte größer zu machen, sagen sie. Das glaube ich ihnen sogar, schaut man sich die riesige Liste an Problemen an, die das Spiel noch heute, aufbringt. Gelöschte Speicherstände? Check! Serverabstürze? Check! Bugs? Check!

Die Firmenzentrale von EA. Leider war im wütenden Mob auch ein Chemiker.
Selbst jetzt, über zwei Monate nach Release wirkt das Spiel einfach unfertig. Ständig wird die eigentlich so tolle Spielerfahrung durch nervige Fehler unterbrochen. Ein flüssiges, stundenlanges Spielen ist nur in den seltensten Fällen möglich. Das darf nicht sein, gerade nicht bei einem Spiel, dass auch noch eine Preisempfehlung von 60€ hat, was für ein PC-Spiel locker 20 Geld zu viel ist. Das ist Abzocke, auf die man sich nicht einlassen sollte. Natürlich ist SimCity in seinen Grundlagen ein wirklich gutes, vielleicht sogar herausragendes Spiel. Aber das reicht eben nicht, wenn da noch so viele Fehler sind. Vielleicht wird es irgendwann so weit sein, dass wir in Ruhe und ohne Bugs unsere Städte aufbauen können. Bis dahin aber wird wohl noch viel Zeit verstreichen und die sollten Fans dann doch lieber mit SimCity 4 verbringen.


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