Donnerstag, 27. Dezember 2012

Hitman:Absolution - Review


         – Frischzellenkur für einen Glatzkopf –



Nummer 47, auch bekannt als der Hitman, ist ein wirklich alter Hase. Seit 12 Jahren tötet er im Auftrag der Agentur Zielpersonen, ohne dabei einen Hauch von Emotionen zu zeigen. Doch im hohen Alter werden wir ja alle irgendwann einmal weich und so entdeckt Nummer 47 in Hitman: Absolution plötzlich seine Liebe zu Kindern. Ob das wirklich Sinn macht und ob der Glatzkopf auch noch einmal im hohen Alter zu Höchstform aufläuft, das lest ihr im folgenden Review.

Nonnen in Lederklamotten mit großen Waffen.
Wenn die Hitman-Reihe bislang für eins nicht bekannt war, dann für eine gut geschriebene und vor allem sinnvolle Geschichte. Entwickler IO Interactive versucht dies im neuesten Serienteil zu ändern, verpasst 47 eine menschlichere Attitüde und widerspricht damit so ziemlich allem, wofür der Glatzkopf steht. Alles beginnt damit, dass man Diana, die Kontaktperson des Hitman in der Agentur, töten muss, weil sie angeblich eine Verräterin ist. So weit so gut – danach wird es merkwürdig. Plötzlich ist da ein Kind, welches beschützt werden muss, weil mit dem kleinen Mädchen merkwürdige Experimente durchgeführt wurden und weil 47 sich für sie verantwortlich fühlt. Das ergibt keinen Sinn, der codierte Glatzkopf doch schon immer ein eiskalter Killer, ohne jedes Mitgefühl. Doch es wird noch merkwürdiger, denn plötzlich ist man nicht mehr Mitglied der Agentur, sondern wird von eben dieser quer durch die Vereinigten Staaten gejagt. Später muss man dann auch noch alle töten und ach ja: Nonnen in Lederklamotten kommen auch vor. Irgendwie merkt man schon, dass IO Interactive wirklich versucht hat, die Story gut zu erzählen, doch was die wirklich hübschen Cutscenes zeigen, ergibt einfach keinen Sinn. Aber eigentlich ist das auch egal, denn immerhin gibt es hübsche Zwischensequenzen und ein paar Typen, die solche Arschlöcher sind, dass man es kaum abwarten kann, ihnen endlich den Garaus zu machen. Story war ja in Hitman schon immer absolute Nebensache – im Mittelpunkt steht schließlich das Stealth-Gameplay.

Einer der vielen Bösen in Hitman: Absolution: Der Yehaa-Typ
Grundsätzlich kann man Absolution zwar auch als Third-Person-Shooter spielen, aber das raubt dem Spiel all seine Faszination. Ein echter Hitman bleibt im Verborgenen und jederzeit unerkannt. Dazu kann man die immer sehr zahlreich vorhandenen Wachleute/Polizisten/Bodyguards entweder ablenken oder sie unbemerkt „entsorgen“, um dann mit ihnen die Kleider zu tauschen. Gerade der Wechsel der Kleidung ist wohl DAS Markenzeichen von Hitman. Einmal verkleidet können einen nur noch Leute mit denselben Klamotten erkennen – was eigentlich Sinn macht. Eigentlich, denn wenn man von der Polizei einer ganzen Großstadt verfolgt wird, dann macht es wenig Sinn, wenn wirklich jeder Polizist nach drei Sekunden bemerkt, dass man kein Kollege ist. Ich bezweifle, dass es Grundvorrausetzung bei der Polizei ist, jeden von den Tausenden Kollegen zu kennen. Auch wird man viel zu schnell erkannt. Nur mit dem neuen Instinkt-Modus kann man unbemerkt an anderen Polizisten, Köchen, Mechanikern, Wachleuten oder Streifenhörnchen (ja, Streifenhörnchen) vorbeikommen. Dabei leert sich aber der Instinkt des meuchelnden Kahlkopfes so schnell, dass man meist nur für wenige Sekunden unbemerkt bleibt. Folge ist, dass das Verkleiden kaum noch Sinn macht. IO Interactive hat das Problem erkannt und bereits angekündigt mit einem kommenden Patch das Verkleidungssystem zu überarbeiten. Derzeit aber schmälert dies den Spielspaß leider deutlich.
Unerwarteter Storytwist: Nummer 47 wird Richter!
Problem von Hitman: Absolution ist auch, dass man viel zu oft nur von Punkt A nach Punkt B gelangen muss, ohne dabei bestimmte Personen ermorden zu müssen. (An die Kritiker von Videospielen: Dieser Satz lässt sich super aus dem Zusammenhang reißen!) Nummer 47 wird in einem Großteil des Spiels gejagt und verfolgt und tötet daher nur wenige Zielpersonen. Der größte Reiz des Spiels, der perfekte, unbemerkte und wie ein Unfall aussehende Mord, ist so im Großteil der Missionen nicht enthalten. Auch hier widerspricht Absolution dem, was die Hitman-Reihe für mich seit jeher auszeichnet. Nummer 47 war immer ein Phantom, ein Mythos, ja schon fast eine Legende. Keiner wusste, wer er ist, keiner hat ihn je gesehen – und dennoch tötete er jedes seiner Ziele. In Absolution ist das anders: Hier kennt scheinbar jeder die Identität von Agent 47 und erkennt diesen innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde. Das für mich so wichtige Gefühl ein Phantom zu sein, das gibt es nicht mehr. Auch nicht mehr vorhanden sind die großen, frei begehbaren Areale. „Hitman: Absolution“ ist sehr linear, quetscht den Spieler mitunter durch unangenehm enge Levelschläuche und unterteilt oftmals größere Gebiete in kleinere Abschnitte, die nach und nach erreicht werden müssen. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist die beinahe schon obligatorische Hotel-Mission. Konnte man hier im Vorgänger „Hitman: Blood Money“ noch das gesamte Hotel frei erkunden, mehrere Stockwerke durchsuchen und dadurch Hunderte verschiedene Lösungen versuchen, so ist das in Absolution plötzlich viel schlauchiger. Zunächst muss man in das Hotel gelangen. Ist dies geschafft, so muss man in dasselbe Stockwerk wie die Zielperson eindringen. Ist man dort angelangt, so muss man hier sogar noch in denselben Raum kommen. Ist dabei einmal ein Abschnitt geschafft, so kann man dort nicht wieder zurück. Dadurch werden die für das Spiel so wichtigen Freiräume stark beschnitten, was sich nicht positiv auf den Spielspaß auswirkt. Ein wenig beschleicht mich hier das Gefühl, IO Interactive wollte dadurch das Spiel zugänglicher für Neueinsteiger in der Serie machen. Dies mag funktionieren, doch wirkt es gerade auf Veteranen sehr befremdlich und hinterlässt einen sehr faden Beigeschmack der Casualisierung.

Was passiert eigentlich, wenn...?
Dennoch hat Hitman: Absolution auch Stärken. Zunächst auf technischer Seite, wo ein wirklich großartig ausschauendes Spiel steht, welches durch tolle Animationen, hübsche Effekte, einem tollen Sound und vor allem unfassbar vielen NPCs punktet. Die neue Glacier 2-Engine hat mächtig was drauf und bietet eines der hübschesten Spiele des Jahres 2012. Dabei verlangt das Spiel aber einiges an Hardwarepower und wer die nicht besitzt, der muss auf viele der hübschen Effekte verzichten, was einiges an Atmosphäre stielt. Die volle Grafikpracht setzt übrigens eine DirectX 11-fähige Grafikkarte voraus.
Auch wenn der neuste Serienteil einiges anders macht als seine Vorgänger, so hat er doch auch einige typische Stärken geerbt. So zum Beispiel diese erfüllenden Momente, in denen der vorher so akribisch ausgefeilte Plan aufgeht, die Zielperson stirbt und man selbst unerkannt verschwinden kann. Zu diesen Momenten gehört natürlich auch der typisch eigenwillige Humor, der mitunter schwärzer ist als die Nacht. Man muss schon fähig sein, über einen Mord in einem Videospiel Lachen zu können – dann ist Hitman aber zum Schießen komisch. Eine Wache steht am Fenster und bekommt gerade die Nachricht, dass sie doch nicht schwer krank ist, freut sich natürlich riesig darüber und wir ziehen sie direkt danach aus dem Fenster und schmeißen sie hinab in den Tod. Ein sehr eigenwilliger, aber wirklich guter Humor. Die „lustigsten“ Morde sind aber natürlich noch immer die der Zielpersonen. Hier beweisen die Entwickler mitunter eine etwas beängstigende Kreativität, was die Möglichkeiten des Meuchelns angeht – und auch als Spieler ist man hin und wieder überrascht, auf was für absurde Ideen man da kommt. Kreativ sind übrigens auch die wirklich hübschen Levels, die 47 einmal quer durch die USA schicken. Friedhöfe, Hotels, Werkstätten und sehr viele andere Schauplätze erkundet der Spieler in den insgesamt über 20 Missionen. Dabei sind alle wirklich hübsch und kreativ designt und überzeugen vor allem durch große Abwechslung. Doch auch hier hinkt Absolution seinem Vorgänger für meinen Geschmack ein klein wenig hinterher – doch das ist wohl Geschmackssache. Abschließend muss natürlich auch das Gameplay noch einmal explizit gelobt werden. Hitman: Absolution steuert sich eigentlich wie ein normaler Third-Person-Shooter – inklusive Deckung nehmen und aus eben dieser heraus schießen. Die Steuerung geht dabei – nach einer gewissen Eingewöhnungszeit – aber recht flott von der Hand. Nur die Waffenauswahl über das Steuerkreuz ist ab und zu etwas ungenau gewesen und hat das ein oder andere Mal dazu geführt, dass ich anstatt eines Ziegelsteins eine Ladung C4 geworfen habe. Dennoch macht das Schleichen in Hitman: Absolution mehr Spaß, als bei den meisten Genrekonkurrenten.

Dieses arme Schwein muss Landminen testen.
Ist Hitman: Absolution nun gut oder nicht? Schwer zu sagen, denn IO Interactive wandert mit der verpassten Frischzellenkur auf einem heißen Draht. Veteranen der Serie werden Neuerungen wie der Instinkt-Modus oder die Schlauchlevels sauer aufstoßen, während Neueinsteiger dadurch eben leichter ins Spiel finden. Unterm Strich hat mir Absolution aber trotz all seiner Macken sehr viel Spaß bereitet und mich über weite Strecken gut unterhalten.  Für Fans der Serie und für Fans des lautlosen Meuchelns ist das Spiel sicher ein Spiel, das man gespielt haben sollte. Es wird gerade die Veteranen an der einen oder anderen Stelle nicht gefallen, dennoch aber sollte ein echter Fan auch dieses Hitman gespielt haben. Wer im Gegensatz zu mir kein neues und besseres Blood Money erwartet, der wird sicher nicht enttäuscht werden.

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