Dienstag, 27. Mai 2014

Hass! Liebe! Fifa!

           – Wie verrueckt man fuer den virtuellen Rasen sein muss – 


Es ist ein Phänomen und es polarisiert. Entweder, die Leute lieben es und tauchen jeden Tag für Stunden in den virtuellen Fußballplatz ab oder die Leute hassen es und fragen sich, wieso andere Menschen sich dieses Spiel sich überhaupt antun. Als fußballerisches Supertalent und sprachgewandtes Genie bin ich prädistie… predesti... bin ich genau der richtig, um euch zu erklären, wie man sich diesen virtuellen Aggressionsförderer jeden Tag zu Gemüte führen kann, ohne völlig dem Wahnsinn zu verfallen. 



Um regelmäßig Fifa zu spielen muss ein Mensch mehrere Charaktereigenschaften mitbringen, die es ihm oder ihr ermöglichen, jeden Tag die Höllenqualen des virtuellen Fußballs zu überleben. Zu allererst muss man masochistisch veranlagt sein. Für die, die mit derartigen Fremdworten nichts anfangen können: Dieses Video erklärt ziemlich passen, was ein Masochist so treibt. Wer keine seelischen und körperlichen Schmerzen aushält, der rennt spätestens nach 5 Minuten auf dem virtuellen Platz weinend in den Keller um sich dort zu erhängen. Denn wenn Fifa eins nicht ist, dann fair. Ständig pfeift der Schiedsrichter totalen Mist, ständig reagiert der Controller völlig falsch und die eigene Mannschaft macht eh nie was sie soll. Das hält man, wenn man wirklich gewinnen will, als normaler Mensch nicht aus. Und selbst der gemeine Masochist hat damit zu kämpfen. Ich erlebe mich fast täglich, wie ich fluchend vor dem PC sitze, den Bildschirm anschreie und schlussendlich mit einem Druck auf ALT+F4 das Spiel beende. Jeden verdammten Tag. Man startet Fifa nicht mit der Absicht danach glücklich zu sein. Man startet Fifa im vollen Bewusstsein, dass man danach mit einem Puls von 180 am liebsten den Gegenspieler verprügeln würde. Und trotzdem startet man es.

Und genau da kommt eine zweite Charaktereigenschaft ins Boot, die ebenso unverzichtbar ist wie die Erste. Man muss die Perfektion lieben! Denn das beste an Fußball generell, aber ganz besonders an Fifa ist es, wenn der Ball einfach in der eigenen Mannschaft läuft, der Mitspieler in die Lücke rennt und der Lupfer genau bei ihm ankommt, nur damit er den Ball dann Volley ins Tornetz knallen kann. Diese, zugegebenermaßen eher seltenen Momente, sind so wunderschön, so befriedigend perfekt, dass man dafür jeden Tag wieder das Spiel startet in dem Wissen, dass man sich selbst im Nachhinein dafür hassen wird. Es kommt leider selten vor, dass alles so perfekt ineinandergreift wie eben beschrieben, aber ab und an passt es eben doch. Und selbst wenn es nicht passt – allein die Möglichkeit, es wieder und wieder versuchen zu können fühlt sich einfach großartig an. Eigentlich unterscheidet sich Fifa hier nicht sonderlich von Spielen wie Super Meat Guy, bei denen man auch den perfekten Lauf schaffen will und es dafür immer wieder versucht. Nur in Fifa gibt es zwischen den Versuchen eben keine Ladepause. Und damit kommen wir auch schon zur nächsten wichtigen Charaktereigenschaft!

Man muss ein Adrenalinjunkie sein. Oder zumindest muss man mit einer Menge Adrenalin im Blut leben können, denn diese ständige Anspannung, die totale Konzentration und diese blanke Panik, wenn der Gegner sich in den eigenen Strafraum dribbelt, in diesen Momenten spuckt der Körper Adrenalin aus wie sonst nur wenn man gerade an einem Seil hängend von einem Hochhaus springt. Man beginnt am ganzen Körper zu zittern, der Schweiß fängt an der Stirn herunterzulaufen und man befindet sich in einem Zustand der totalen Immersion. Man ist der Spieler! Ich will nicht erleben, was passiert, wenn ich solchen Momenten der Strom ausfällt oder man einfach nur irgendwie abgelenkt wird. Vermutlich ergibt sich dann eine Eruption ähnlich der des eines Supervulkans, der die halbe Erde in Asche hüllt. Doch die totale Konzentration auf diesen Moment, sie kann sich auch auszahlen, wenn man die Situation im eigenen Strafraum klärt, das Tor schießt oder den Elfmeter verwandelt. Das sind diese Momente, von denen Fifa lebt. Das totale Abtauchen in den virtuellen Rasen. Wer auf Adrenalin und Anspannung steht, der wird Fifa lieben. Vorausgesetzt er bringt noch eine letzte, sicher nicht unwichtige Eigenschaft mit.

Fifa, das hätten jetzt sicher die wenigsten gedacht, ist und bleibt ein Fußballspiel. Und wer nicht auf Fußball steht, der wird es in diesem Spiel schwer haben. Gerade im Ultimate Team Modus, dem Herzstück der Fußballsimulation, muss man sich einfach auskennen. Welcher Spieler spielt in welcher Liga, wer ist günstig zu haben und auf welchen Positionen kann ich einen Phillip Lahm eigentlich einsetzen? Fifa lebt den Fußballkult, aktualisiert regelmäßig die Kader der Mannschaften und die Stärken und Schwächen der Spieler. Wer nicht weiß, welche Mannschaft und welcher Spieler in echt gerade gut unterwegs ist, der wird auch auf dem virtuellen Transfermarkt schnell die Übersicht verlieren. Und trotzdem ist diese Charaktereigenschaft der totalen Fußballvernarrtheit kein Zwang. Denn natürlich kann man sich in den virtuellen Transfermarkt auch so einarbeiten und natürlich kann man auch so herausfinden, welche Taktik in welcher Situation angebracht ist. Und Phillip Lahm kann inzwischen ja eh jede Position spielen. Aber sind wir mal ehrlich – welcher Fußballmuffel will denn schon Fifa spielen?

Und so ist das Bild des Fifa-Spielers am Ende recht klar gezeichnet. Ein masochistischer, perfektionistischer, fußballvernarrter Adrenalinjunkie mit dem gewissen Quäntchen Wahnsinn. Eben Leute so wie ich. Und wie die Millionen anderen Fifa-Freunde da draußen. Und auch wenn ich mich jeden Tag wieder selbst dafür Hasse, dass ich dieses Spiel überhaupt gestartet habe, so liebe ich es auch jeden Tag, wenn ich es starten kann. Und deshalb gehe ich jetzt eine Runde Fifa spielen, das solltet ihr vielleicht auch einfach mal ausprobieren. Wenn ihr wahnsinnig genug seid!

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