Dienstag, 12. März 2019

Einmal VR, immer VR


Ich schreibe diesen Text nur wenige Momente, nachdem ich das Lenkrad zur Seite gelegt habe. Eigentlich wollte ich ein paar Runden in meinem liebsten Rennspiel drehen – in F1 2018. Doch innerhalb von Sekunden stellte ich fest: Einmal aufgestiegen, gibt es kein Zurück mehr. Es soll in diesem Text um Virtual Reality gehen, um die realistische Simulation von Motorsport und um Spiele, die einem alle anderen madig machen. Das mag zunächst arg zusammenhanglos wirken, doch ist es das mitnichten. Denn wie ich nach meiner sehr kurzen Session in Codemasters aktueller Simulation der Königsklasse des Motorsports feststellen musste, passen diese drei Themen sehr wohl zueinander. Aber eins nach dem anderen.

Vor einigen Wochen, da wagte ich endlich den Schritt in die virtuelle Realität. Ich kaufte mir für absurd viel Geld eine Oculus Rift, nachdem ich bereits wochenlang mit diesem Gedanken spielte. Wenn das Gefühl, etwas haben zu wollen, mich einmal übermannt hat, dann habe ich eben kaum noch Kontrolle über meinen Geldbeutel. Die ersten Momente mit der Bildschirmbrille auf dem Kopf waren atemberaubend schön. Und als Sim-Racing-Fan war mir schnell klar, wofür ich die Rift am häufigsten verwenden werde. Das Problem: F1 2018, mein mit Abstand liebstes Singleplayer-Rennspiel, bietet keine VR-Unterstützung. Also musste ich ausweichen. Ich probierte mich durch allerlei Simulationen – von Raceroom Racing Expierience über Rfactor 2 und Project Cars 2 landete ich schließlich beim teuersten aller teuren Rennspiele ­– bei iRacing. Gefeiert für seinen konkurrenzlos guten Multiplayer, gehasst für sein kundenunfreundliches Bezahlsystem mit Abos und (!) Ingame-Käufen, ist es vor allem ein verdammt gutes Rennspiel. Und nach Project Cars 2, was nur in seinen seltensten Momenten an diese Qualität herankommt, das Rennspiel mit der besten VR-Einbindung. iRacing mit einem VR-Headset zu spielen, das ist eine wahre Offenbarung für Freunde von Rennsimulationen. Auch, wenn man dafür mindestens 100 Euro im Jahr blechen muss.

Was iRacing ausmacht, das ist das faire Racing. Wer so viel Geld für ein Spiel ausgibt, der tut das nicht, um ab und an andere Leute zu Klump zu fahren. Allein der Preis sortiert hier die Spreu vom Weizen. Bevor ich auf diesen Titel gestoßen war, konnte ich nur in sehr wenigen Momenten das Fahren gegen andere, echte, Spieler genießen. Zu oft waren Lags, zu oft schlicht schlechtes Fahren anderer Spieler im Weg. Und nie habe ich ein Spiel gefunden, das vernünftiges Matchmaking betreibt. iRacing ist da anders. Dort Seite an Seite mit einem anderen Spieler in eine Kurve zu fahren, das löst keine Angst vor dem nächsten Crash aus. Nein, in dieser Simulation ist das pures Adrenalin, purer Spaß. Genau das, was ich mir immer gewünscht habe. Nur leider fehlt in iRacing die KI – fahren gegen den Computer ist hier schlicht nicht möglich. Und manchmal, da will ich mich nicht mit echten Menschen anlegen. Manchmal, da will ich Unfälle bauen dürfen, ohne ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.  Genau dafür, und weil die neue Netflix-Doku mir einfach Bock darauf gemacht habe, wollte ich nun endlich mal wieder mein geliebtes F1 2018 auspacken. Ganz ohne VR, ganz ohne Online-Action, ganz ohne perfekt simulierte Physik. Einfach Spaß mit schnellen Autos.

Doch genau dieser Spaß ist es, den ich mit diesem Spiel nicht mehr haben kann. Keine VR-Brille beim Fahren zu tragen, das ist jetzt einfach ungewohnt. Alles wirkt plötzlich so klein und umschauen kann ich mich auch nicht mehr. Viel zu unübersichtlich wirkt plötzlich alles. Und dann diese Physik. Eigentlich würde ich F1 2018 mehr als Simulation denn als Arcade-Racer bezeichnen. Zu detailliert wird die Temperatur der Reifen und Strecken berechnet, zu wichtig ist dabei das Wetter. Und doch fehlt mir der Kontakt zum Auto. Weder kann das Force Feedback sonderlich begeistern, noch habe ich das Gefühl, wirklich das Fahrzeug zu steuern. Plötzlich fühlt sich dieses Spiel, das ich so lang geliebt und gefeiert habe, einfach falsch an. Einfach nicht realistisch. Kurzum: iRacing hat mir F1 2018 versaut. So kann ich nur hoffen, dass Codemasters in ihrem kommenden Formel-1-Spiel alles besser machen. Am wichtigsten ist mir aber der VR-Support. Denn ohne den, so habe ich heute festgestellt, kann ich kein Rennspiel mehr spielen. Zumindest keins, das einen Simulationsanspruch hat. Irgendwie finde ich das ja schade, aber Zeit mich groß damit zu beschäftigen habe ich nicht. Das nächste Rennen in iRacing startet nämlich gleich.

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