Nein, neu ist dieses Spiel nicht. Auch nicht sonderlich
relevant, denn wer nimmt denn schon einen Simulator ernst? Eigentlich habe ich
es mir ja auch nur gekauft, weil es gerade so günstig auf Steam war. Ein
Versuch kann ja nicht schaden, dachte ich. Und jetzt? Jetzt bin ich ein echter
LKW-Fahrer und erkunde Europa.
Ich bin mit negativen Gefühlen in diesen Job gegangen. „Wie
spannend kann das schon werden, wenn man den ganzen Tag nur LKW fährt?“ dachte
ich. Also stieg ich schlecht gelaunt in den von einer Firma zur Verfügung
gestellten Lastkraftwagen und fuhr los. Eine eigene Zugmaschine konnte ich mir
zu diesem Zeitpunkt noch nicht leisten. Von Dresden ging es direkt nach Berlin.
Das ist nicht sehr weit, aber jeder fängt eben mal klein an. Was ich da
transportiert habe, das kann ich nicht mehr sagen. Irgendwelches wichtiges Zeug
eben – ist ja auch eigentlich egal. Wenn ich in meiner Fahrerkabine sitze, dann
bekomme ich ja eh nichts von der Fracht mit. Was schert es mich also, was da
drin ist? Auf jeden Fall war ich auf dem Weg von Dresden nach Berlin. Ich quälte
mit einschläfernden 80 Kilometern in der Stunde über die Autobahn, während
draußen die immer gleichen Bäume, Wiesen und Felder vorbeizogen. Mir zog es
fast die Augen zu.
Scheiß Wetter, scheiß Verkehr, scheiß Job. |
Müde, gelangweilt und fast schon enttäuscht kam ich der
Hauptstadt an – da schickte die Bank mir ungefragt eine Nachricht. Ich kann
jetzt einen Kredit aufnehmen und damit meinen eigenen LKW finanzieren. Also habe
ich das auch gemacht. Er war nicht schön und auch nicht schnell – aber eben
günstig. Und meins. Schon irgendwie ganz cool. Nur hatte ich jetzt eben ein
dickes Minus bei der Bank. Das konnte ich so nicht stehen lassen. Ich mag keine
negativen Vorzeichen, also musste ich jetzt viele Fahrten erledigen, um den
Kredit zurückzuzahlen. Und die erledigte ich auch. Ehrensache. Während ich also
da so quer durch Europa tuckere, dem Sonnenuntergang dabei zusehe, wie er die
Landschaft um mich herum langsam erst in Orange einhüllt und anschließend die
Welt verdunkelt, da fällt mir plötzlich etwas auf. Etwas, womit ich nie
gerechnet hätte. Ich genieße die Fahrt.
Ich genieße, weil alles um mich herum so stimmig ist. Die
Städte sind zwar klein, die Bäume hässlich und die ganzen Autofahrer sind
Vollidioten, aber trotzdem – alles ist so stimmig. Ich fühle mich an die
Momente zurückerinnert, in denen meine Eltern mich am frühen Morgen im Dunkeln
in das Auto schleiften und wir gemeinsam in Richtung Süden in den Urlaub fuhren.
Die Straßen sind dunkel und leer, die Sonne beginnt sich langsam über den
Horizont zu schieben und alles ist in eine ganz besondere, angenehme Stimmung
gehüllt. Eine Stimmung, wie ich sie auch jetzt erfahre – als LKW-Fahrer.
Inzwischen hat meine Spedition eine erste Angestellte. Sie
macht ihre Sache sehr gut, und wenn das weiter so läuft und ich endlich weniger
Unfälle baue, dann werden bald noch mehr Arbeitsplätze geschaffen. Es fühlt
sich gut an, die Wirtschaft aktiv zu unterstützen – besonders jetzt, da der
Kredit auch abgezahlt ist. Es fühlt sich gut an, Europa zu erkunden. Nie bin
ich soweit durch unseren Kontinent gereist, wie jetzt. Nie habe ich so viele
Städte, Sehenswürdigkeiten und Landschaften gesehen wie in dieser Zeit. Ich
genieße jede verdammte Sekunde! Seit kurzem kann ich auch nach Nord- und
Osteuropa, sowie nach Frankreich reisen. Für ein paar Euro gibt es da einen
halben Kontinent. Endlich noch mehr vom Gleichen! Was viele als stumpf, sinnlos
und langweilig abtun, das ist für mich ein wahres Fest. Klar, man kann darüber
streiten, ob diese Regionen wirklich ihr Geld wert sind, aber ein echter
LKW-Fahrer stellt sich diese Frage erst gar nicht. Wenn ich jetzt endlich nach
Frankreich kann, dann will ich auch nach Frankreich. Kein Fleck auf unserem
schönen Kontinent darf unentdeckt bleiben.
Skandinavien besticht immer wieder mit wunderschönen Landschaften. |
Manchmal wünsche ich mir schon, dass es mehr Abwechslung im
Berufsalltag geben könnte. Gerade auf der Straße ist doch wirklich sehr wenig
los. Aus irgendeinem absurden Grund gibt es kaum Baustellen und auch in einen
Stau gerate ich nie. Andere mögen sich über solche Verkehrsverhältnisse freuen,
aber ab und an etwas Abwechslung wäre schon nicht schlecht. Und gern würde ich
Europas Großstädte genauer erkunden, doch leider wirken die meisten nur wie
Vororte. Das ist schade, aber noch mehr als sonst gilt für mich als LKW-Fahrer
das Kredo: Der Weg ist das Ziel.
Ich bin überrascht. Nie wäre ich davon ausgegangen,
dass mich ein so eintöniger Job wirklich begeistern könnte. Aber Euro Truck
Simulator 2 ist eben doch viel mehr als nur ein schnöder Simulator. Es ist das
Gefühl von Freiheit und Entspannung. Es ist wie eine Fahrt in den Urlaub, wie
die lange Reise zur Verwandtschaft. Es ist nicht alles perfekt, manchmal ist es
sogar einschläfernd, aber trotzdem will ich es immer wieder spielen. Und
Amerika wartet schon!
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