Sonntag, 5. Februar 2017

Euro Truck Simulator 2

Nein, neu ist dieses Spiel nicht. Auch nicht sonderlich relevant, denn wer nimmt denn schon einen Simulator ernst? Eigentlich habe ich es mir ja auch nur gekauft, weil es gerade so günstig auf Steam war. Ein Versuch kann ja nicht schaden, dachte ich. Und jetzt? Jetzt bin ich ein echter LKW-Fahrer und erkunde Europa.


Ich bin mit negativen Gefühlen in diesen Job gegangen. „Wie spannend kann das schon werden, wenn man den ganzen Tag nur LKW fährt?“ dachte ich. Also stieg ich schlecht gelaunt in den von einer Firma zur Verfügung gestellten Lastkraftwagen und fuhr los. Eine eigene Zugmaschine konnte ich mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht leisten. Von Dresden ging es direkt nach Berlin. Das ist nicht sehr weit, aber jeder fängt eben mal klein an. Was ich da transportiert habe, das kann ich nicht mehr sagen. Irgendwelches wichtiges Zeug eben – ist ja auch eigentlich egal. Wenn ich in meiner Fahrerkabine sitze, dann bekomme ich ja eh nichts von der Fracht mit. Was schert es mich also, was da drin ist? Auf jeden Fall war ich auf dem Weg von Dresden nach Berlin. Ich quälte mit einschläfernden 80 Kilometern in der Stunde über die Autobahn, während draußen die immer gleichen Bäume, Wiesen und Felder vorbeizogen. Mir zog es fast die Augen zu.

Scheiß Wetter, scheiß Verkehr, scheiß Job.
Müde, gelangweilt und fast schon enttäuscht kam ich der Hauptstadt an – da schickte die Bank mir ungefragt eine Nachricht. Ich kann jetzt einen Kredit aufnehmen und damit meinen eigenen LKW finanzieren. Also habe ich das auch gemacht. Er war nicht schön und auch nicht schnell – aber eben günstig. Und meins. Schon irgendwie ganz cool. Nur hatte ich jetzt eben ein dickes Minus bei der Bank. Das konnte ich so nicht stehen lassen. Ich mag keine negativen Vorzeichen, also musste ich jetzt viele Fahrten erledigen, um den Kredit zurückzuzahlen. Und die erledigte ich auch. Ehrensache. Während ich also da so quer durch Europa tuckere, dem Sonnenuntergang dabei zusehe, wie er die Landschaft um mich herum langsam erst in Orange einhüllt und anschließend die Welt verdunkelt, da fällt mir plötzlich etwas auf. Etwas, womit ich nie gerechnet hätte. Ich genieße die Fahrt.
Ich genieße, weil alles um mich herum so stimmig ist. Die Städte sind zwar klein, die Bäume hässlich und die ganzen Autofahrer sind Vollidioten, aber trotzdem – alles ist so stimmig. Ich fühle mich an die Momente zurückerinnert, in denen meine Eltern mich am frühen Morgen im Dunkeln in das Auto schleiften und wir gemeinsam in Richtung Süden in den Urlaub fuhren. Die Straßen sind dunkel und leer, die Sonne beginnt sich langsam über den Horizont zu schieben und alles ist in eine ganz besondere, angenehme Stimmung gehüllt. Eine Stimmung, wie ich sie auch jetzt erfahre – als LKW-Fahrer.


Inzwischen hat meine Spedition eine erste Angestellte. Sie macht ihre Sache sehr gut, und wenn das weiter so läuft und ich endlich weniger Unfälle baue, dann werden bald noch mehr Arbeitsplätze geschaffen. Es fühlt sich gut an, die Wirtschaft aktiv zu unterstützen – besonders jetzt, da der Kredit auch abgezahlt ist. Es fühlt sich gut an, Europa zu erkunden. Nie bin ich soweit durch unseren Kontinent gereist, wie jetzt. Nie habe ich so viele Städte, Sehenswürdigkeiten und Landschaften gesehen wie in dieser Zeit. Ich genieße jede verdammte Sekunde! Seit kurzem kann ich auch nach Nord- und Osteuropa, sowie nach Frankreich reisen. Für ein paar Euro gibt es da einen halben Kontinent. Endlich noch mehr vom Gleichen! Was viele als stumpf, sinnlos und langweilig abtun, das ist für mich ein wahres Fest. Klar, man kann darüber streiten, ob diese Regionen wirklich ihr Geld wert sind, aber ein echter LKW-Fahrer stellt sich diese Frage erst gar nicht. Wenn ich jetzt endlich nach Frankreich kann, dann will ich auch nach Frankreich. Kein Fleck auf unserem schönen Kontinent darf unentdeckt bleiben.

Skandinavien besticht immer wieder mit wunderschönen Landschaften.
Manchmal wünsche ich mir schon, dass es mehr Abwechslung im Berufsalltag geben könnte. Gerade auf der Straße ist doch wirklich sehr wenig los. Aus irgendeinem absurden Grund gibt es kaum Baustellen und auch in einen Stau gerate ich nie. Andere mögen sich über solche Verkehrsverhältnisse freuen, aber ab und an etwas Abwechslung wäre schon nicht schlecht. Und gern würde ich Europas Großstädte genauer erkunden, doch leider wirken die meisten nur wie Vororte. Das ist schade, aber noch mehr als sonst gilt für mich als LKW-Fahrer das Kredo: Der Weg ist das Ziel.

Ich bin überrascht. Nie wäre ich davon ausgegangen, dass mich ein so eintöniger Job wirklich begeistern könnte. Aber Euro Truck Simulator 2 ist eben doch viel mehr als nur ein schnöder Simulator. Es ist das Gefühl von Freiheit und Entspannung. Es ist wie eine Fahrt in den Urlaub, wie die lange Reise zur Verwandtschaft. Es ist nicht alles perfekt, manchmal ist es sogar einschläfernd, aber trotzdem will ich es immer wieder spielen. Und Amerika wartet schon!

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